Er wuchs in Recklinghausen-Ost auf, spielte den Noah in der Netflix-Serie „Dark“, und die meisten Deutschen kennen ihn als Berliner Tatort-Kommissar. Mit VEST ERLEBEN spricht Mark Waschke über heimische Fernsehkultur.
Im erfolgreichen deutschen Netflix-Format springt Mark Waschke alias Noah durch die Zeiten. Welcher Ort in der Zukunft oder der Vergangenheit ihn persönlich reizen würde? Bestimmt das Unbekannte und nicht Naheliegende. Entsprechend dieser Logik folgte er kürzlich dem Ruf des „Donmar Warehouse“-Theaters für das Stück „Watch on the Rhine“. Sechs Tage die Woche, Abend für Abend, für eine überschaubare Gage die Rolle des deutschen „Kurt Müllers“ vor einem kleinen Publikum zu spielen klingt nach hartem Brot. Doch Waschke nimmt die Herausforderung an und spielt im Londoner Kulttheater, wie schon Nicole Kidman oder Gwyneth Paltrow.
Das passt zu jemandem, der sich privat und beruflich von Konventionellem freischütteln will – und auf schräges Storytelling steht, das Botschaften im Gepäck hat. „Zuschauer wollen sich doch auch mal im Drehbuch verirren und verlaufen, bevor sie verstehen – darin sind ausländische Fernsehmacher meist mutiger.“ So hat ihn das Drehbuch zu „Dark“ sofort angesprochen, und auch als Kommissar Robert Karow spielt er sich aus den Tatort-Mustern. Privat schmeißt er für Klassiker wie „Taxi Driver“ oder Filme von Howard Hawks oder Douglas Sirk (und mit Humphrey Bogart) seinen Beamer an, den Bildschirm meidet er. Gerade war er bei der Berlinale und hat vor allem die kleineren Produktionen auf sich wirken lassen. „Es ist ein Privileg, Produktionen sehen zu können, die es vielleicht nie ins Kino oder auf Streaming-Plattformen schaffen.“
"Viele deutsche Fernsehmacher sind getrieben von der Angst, nicht geliebt zu werden."
Mark Waschke, SchauspielerVom Tatort als der deutschen Fernsehproduktion schlechthin hat Waschke ein klares Verständnis: „modernes Volkstheater“, das ein Millionenpublikum in jedem Alter erreicht. „Ich bin sehr happy, Teil dieses Lagerfeuer-Formates zu sein, das sich auf Experimente einlässt und das Stammpublikum mit Neuem konfrontiert.“Heimatgefühle? In Recklinghausen war er zuletzt vor vier Jahren, da ging er an dem Haus vorbei, in dem er mit seinen Eltern und zwei Brüdern fünf Jahre lebte, bevor ein Jobwechsel die Familie ins Saarland zog.
Ein Bruch, der dem Achtjährigen zusetzte. „Im Ruhrgebiet war für mich die Welt in Ordnung, im Saarland habe ich Jahre gebraucht, um Anschluss zu finden und meinen Dialekt abzutrainieren, für den die Kinder mich dort auslachten.“ Heute spielt das Konzept Heimat für ihn keine Rolle mehr. „Ich bin überzeugt, dass sich die eigene Identität aus verschiedenen Strömungen zusammensetzt und immer wieder neu formt. Ich bin überzeugt von der Kreolisierung unserer Welt.“ Wo ginge das besser als in seiner Wahlheimat Berlin, die für transkulturelle Vibes bekannt ist? Vielleicht am 31. März im Planetarium Bochum, wo er mit einer Lesung aus H. G. Wells‘ Roman „Die Zeitmaschine“, ein erschreckendes, pessimistisches Bild der Zukunft malt. Dark Mark eben