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„Mich krisse hier nich wech!“
Volker Beushausen

„Mich krisse hier nich wech!“

Lesedauer: ca. 3 Min. | Text: Dinah Bronner

Titelfoto: Volker Beushausen

Seit 40 Jahren im Ostvest zuhause: Volker Kosznitzki, Autor von „Günner Mambrallek“, will nirgendwo anders sein.

„Ey, die Maske mit dem schwarz-gelb da, die nimmste aber ab, wenne reinkomms, ne?“ Auch wenn Volker Kosznitzki bei der Begrüßung eine „schalke-rische“ Frotzelei vom Leder lässt, wichtig sei am Ende nur, dass es mal eine der großen Trophäen in den Pott schaffe. „Wenns dann Dortmund is‘ – ja meine Güte. Hauptsache Ruhr­gebiet, sach‘ ich immer“. Die tiefe Pottverbundenheit zieht sich wie ein roter Faden durch sein Leben – und durch die liebevollen Malereien von Zechentürmen und Industriedenkmälern, über die Ruhrpott-Kissen­bezüge auf seiner Couch, bis hin zu dem eigens mit Ruhrgebietsliteratur eingerichteten Bücherregal. Seit 2010 ist Heimatliteratur auch sein eigenes, künstlerisches Metier: Im Mai veröffentlichte der gebürtige Gelsenkirchener seinen vierten Kurzgeschichtenband rund um Protagonist „Günner Mambrallek“ – Kosznitzkis Hauptfigur und zugleich zweites Ich. Wenn auch gedanklich ähnlich gesinnt, rein charakterlich ticke sein „Günner“ deutlich „temperamentvoller“ als er selbst: Vor allem in Sachen Lokalpolitik platzt Günner gern mal die Hutschnur. Oder aber wenn es um „neumodernes Gelumpe“ wie E-Bikes und Co. geht.


Mit „Trude vonne Bude“


„Bor hömma“, heißt das neueste Werk und greift formal das auf, was Kosznitzkis Geschichten des Weiteren ausmacht: der kodderige, von der Zechensiedlung „wech“-gegriffene Kohlenpottdialekt. „‚Datt‘ und ‚watt‘ und ‚weisse‘ sind halt schon so gewisse Gesetzmässichkeiten, die kriegen selbst meine Kinder nicht mehr raus.“ Auch wenn sich das tiefe „Ruhrgebietsdeutsch“ ansonsten eher im Aussterben befinde, erklärt der Vater von zwei Söhnen. In seinen Büchern jedoch hält er die Sprache lebendig wie seine „Trude vonne Bude“ „umme Ecke“ – eine weitere wiederkehrende Figur seiner Geschichten. Gerade aufgrund der zunehmenden Kontinuität gefalle ihm selbst sein neuester Erzählband mit am besten, grinst Kosznitzki verschmitzt und zeigt auf das wie immer selbst illustrierte Cover. „Man entwickelt sich als Autor natürlich weiter.“


Geschichten aus dem Alltag


Die Ideen zu seinen Geschichten ent­wickelt er aus realen Alltagsanekdoten. Als hauptberuflich Verwaltungsangestellter pendelt er seit Jahren per ÖPNV und „sperrt dabei einfach seine Lauscher auf“. Damit sein Protagonist „Mambrallek“ dann schön unverblümt sein Mundwerk dazu aufsperren kann, nimmt Kosznitzki seine Erlebnisse mit an den Schreibtisch und zückt Stift und Notizblock, um sie in Geschichten und Illustrationen auszuschmücken: „Immer dann, wenn wieda ma nix inne Glotze kommt“, grinst er. Dafür läuft Radio Vest auf Dauerschleife. Die Mundart teilen Mambrallek und Kosznitzki, wie sie der vielseitig inspirierte Autor auch gern bei Lesungen zum Besten gibt – und zwar egal ob in Kirche, Knast oder Kokerei. In diesem Jahr hätte er zum zweiten Mal beim „Kumpeltag“ des Oer-Erkenschwicker Bergbaumuseums gelesen, doch dann kam Corona. „Sowat mach ich aber immer ohne Honorar, sondern son bissken vom Herzen aus.“ Weil „Vatta“ selbst ein Kumpel war: „Ich war als Bursche mal mit da unten: 80er Streb, dat übelste Drecksloch, und Arbeit im Liegen. Dat prächt irgendwo.“

„Son bissken vom Herzen aus“


Weiteres Inspirationsquell ist Kosznitzki die Musik. Freundschaftlich verwurzelt in der lokalen Rockszene rund um das „Bullshit“- und „SSBO“-Festival ziert unter diversen Gitarren eine selbstgebaute Lap Steel seine Sammlung, auf der er fürs Foto gleich einen Country- Tune anstimmt. Auf die Frage, welche seiner neuen Geschichten ihm selbst am besten gefalle, antwortet er prompt: „Die von der „Tollen Toleranz“ und schnappt sich das Buch: „Komm, ich les‘ euch nur ma eben die letzten zwei Sätze vor.“ Um Freundschaft geht es darin und um Akzeptanz derer, die immer wieder neu hier hinkommen; in der Pointe die harte Herzlichkeit, die uns Ruhrgebietlern gemeinhin nach­gesagt wird: „Heimat ist für mich da wo ich mich wohlfühl und wo ich meine Freunde hab“, weiß Kosznitzki: „Und dat is halt hier.“

Info
Volker Kosznitzki

Volker Kosznitzki nimmt Anfragen für Lesungen per Mail entgegen unter volker.kosznitzki@gmx.de. Sein aktuellstes Werk „Bor hömma“ erschien im Mai 2020.

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