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Der Wald im Lock-Raus
Lauschangriff in der Haard: Familie Szyplinski mit Hund Kiwi lässt sich von NABU-Experte Klaus Becker ihre Ohren für heimische Singvögel sensibilisieren. Foto: Markus Mucha

Der Wald im Lock-Raus

Lesedauer: ca. 3 Min. | Text: Dinah Bronner

Singvögel in der Haard: Im Frühling geht es dort richtig rund. NABU-Experte Klaus Becker nimmt uns mit.

Tschirp, jüp, zick und trririli – Ausdrucksstärke regiert aktuell die Waldordnung – wenn herausgeputzte Singvogel-Männchen durch auffallende Gesangseinlagen und ausdauernde Herauslockmanöver um ihre weiblichen Auserwählten werben. Gerade zu Pandemiezeiten entdeckten Menschen im Vest ihre Wälder und Naherholungsgebiete – und mit ihnen alte und neue Hobbys: Das Vogelbeobachten steht für viele wieder ganz oben auf der Liste. Klaus Becker ist NABU-Mitglied und Hobby-Ornithologe. Er beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit heimischen Wildvögeln. Aus einfacher Begeisterung für die Natur habe er damals einzelne VHS-Kurse besucht und sich seitdem immer weitergebildet: „Bis man die über 300 Vogelarten in Deutschland unterscheiden kann, braucht es viel Zeit und Übung.“ Letztere hat Klaus Becker bestimmt: Bis heute ist er den gefiederten Wirbeltieren fast täglich auf der Spur.

Eine Frage der Performance

Gemeinsam sind wir in der Haard um Mutter Wehner unterwegs – genauso wie Familie Szyplinski aus Oer-Erkenschwick: „Wir gehen sehr gerne und oft in die Haard, allein schon für unseren Hund Kiwi“, erklärt Maria Szyplinski. „Dass die Vögel schön zwitschern, fällt uns jedes Mal auf. Und auch Rotkehlchen von Blaumeise wüsste ich zu unterscheiden – doch aktiv beobachtet habe ich Vögel noch nie.“ Ganz anders Schwiegermutter Iris, die schon von klein auf mit ihrem Vater in den Wald ging und sofort mit Klaus Becker ins Gespräch kommt: „Ich bin ursprünglich in Soest groß geworden“, erzählt sie. „Bei uns gibt es viele Grünspechte. Hier dagegen scheinen sie weniger verbreitet.“ Doch worum geht es eigentlich genau beim Vogelbeobachten?

Eine Art Trophäe oder ein Ziel, auf das man hinarbeite, gebe es nicht, erklärt Becker. Vielmehr gehe es um das Spähen und Lauschen, das Erlebnis an sich:  „Es macht Freude, den Tieren zuzusehen, jedes hat so seine Eigenart.“ Für die Vögel selbst geht es um diese Zeit ganz klar nur um das Eine: Der Schwarzspecht suche sich am liebsten hohle Stämme und Äste, für besonders laute Trommelei. Der Eichelhäher krächze laut und trage ein besonders schönes Federkleid – die jeweils lauteste, stärkste und schönste Performance locke die besten Weibchen für eine gesunde Nachkommenschaft an. Oder es geht um schmackhafte Insektensnacks, die – zack! – blitzschnell aus der Luft geschnappt werden; „Im Grunde läuft alles nicht viel anders als bei uns Menschen“, sagt Klaus Becker und eilt konzentrierten Schrittes voraus in den Wald.

Ohren auf – Idylle an!

Psst – ein bisschen leiser sollte man sich schon unterhalten, wenn man die fleißigen Bälzer erhaschen möchte, erklärt der Experte. Also – Mund zu, Ohren auf! Am Anfang ist es schwierig, die unterschiedlichen Rufe zu erhorchen, doch knipst man den Fokus an (und hat man einen Experten dabei!), sind sie kaum zu überhören: Da sind ein Buchfink, ein Rotkehlchen, Amseln und Drosseln, seltener auch kleine Goldhähnchen – die pure Idylle! Und alles heimische Tiere, die den Winter über in
Deutschland bleiben. Saisonale Aussteiger aus dem Süden wie Kibiz und Konsorten kommen gegen April langsam wieder. Zu den frühsten Zugvögeln gehört die Feldlerche, die man schon ab März finden kann. „Tok tok tok“, prahlt da ein Schwarzspecht aus dem Geäst, und „gurr gurr“ – ah okay, nur eine Taube!

NABU Experte Klaus Becker. Foto: Markus Mucha
NABU-Experte Klaus Becker: „Vielmehr gehe es um das Spähen und Lauschen, das Erlebnis an sich.“ | Foto: Markus Mucha

Weghören zwecklos

Auch wenn man keine Ahnung hat, eines steht fest - lässt man sie einmal rein, die Vögel, ist es unmöglich sie nicht mehr zu hören. Das finden auch die Szyplinskis. Denn Vogelkunde steckt an: Eine Frage nach der anderen wird Klaus Becker gestellt, 
von der richtigen Winterfütterung bis hin zu Mythen und Verbreitungsarten. Selbst Dalmatiner-Lady Kiwi, die eigentlich ungeduldig auf ihre Gassirunde wartet, zeigt sich am Ende sichtlich begeistert.

Info
Naturschutzverbände im Vest

Auf Anfrage kann man bei den Naturschutzverbänden im Vest begleitete Spaziergänge buchen.
Mehr Infos dazu über die jeweiligen NABU-Seiten:
www.nabu-ostvest.de
www.nabu-recklinghausen.de
www.nabu-dorsten.de
www.nabu-herten.jimdo.com
www.nabu-marl.jimdofree.com

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