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„Sexisten gehören nicht vor die Bühne, auf der ich stehe“
Kim Wiesweg ist die jüngste Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Dorsten. Mit ihrem Festival „Femrock“ will sie Musikerinnen aus der Umgebung eine Bühne geben.

„Sexisten gehören nicht vor die Bühne, auf der ich stehe“

Lesedauer: ca. 3 Min. | Text: Karoline Jankowski

Frei nach dem Motto von Carolin Kebekus „DCKS“-Festival, auf dem nur Frauen spielen, organisiert Kim Wiesweg von der Stadt Dorsten das „FemRock“-Festival. Was das ist und was Kim in der Musikszene alles schon erlebt hat, leset ihr im Interview.

„Eigentlich singst du ja ganz gut“ - Das Wort „eigentlich“, der Türsteher zwischen Kompliment und Herabwürdigung. Kim Wiesweg kann ein Lied darüber singen.

Was ist das Femrock-Festival?

KW: Das „Femrock“-Festival soll im nächsten Jahr am Weltfrauentag, dem 8. März im Treffpunkt Altstadt in Dorsten stattfinden. Frauen sind in der Musikszene immer noch unterrepräsentiert. Mit dem Festival möchten wir ihnen eine Bühne geben. Bewerben können sich Musikerinnen und Bands, die mindestens eine Frau im Ensemble haben. Das Ganze organisiere ich zusammen mit Christian Joswig, der das Red Balloon Festival in Dorsten veranstaltet hat. Den Sparkassen Clubraum haben wir uns ebenfalls mit ins Boot geholt.

Warum findet man so wenig Frauen in Rockbands?

KW: Zu der Ursache gibt es viele Theorien und Meinungen. Hören Frauen vielleicht einfach nicht so gern Rockmusik? Werden Frauen so sozialisiert, dass sie Rockmusik nicht hören sollen? Wird von Anfang an suggeriert, dass nur Männer Rockstars sind? Ich glaube, es ist eine Mischung aus allem. Genderkonforme Erziehung sorgt dafür, dass Mädchen eher Popmusik zu hören bekommen als Rock. So wird verinnerlicht, dass Rockmusik nicht zum „Frau sein“ passt.

Bedarf es mehr Förderung seitens der Musikindustrie und Veranstaltern?

KW: Es würde eine Menge bringen, wenn Veranstaltungen wie das „Femrock“ oder das „DCKS“-Festival von Carolin Kebekus mehr gefördert werden würden. Trotzdem muss man sagen, dass Bund und Länder gerade für lokale Bands ein großes Förderprogramm anbieten. Man muss viel früher ansetzen. Sensibilisierung muss im Kindergarten und der Schule schon stattfinden. Kinder müssen wissen, dass sie werden können, was sie wollen – egal, welches Geschlecht sie haben.

Wirst du auf Konzerten anders behandelt als deine männlichen Kollegen?

KW: Ja. Als Frau wird man anders beäugt – gerade das Aussehen spielt eine große Rolle. Auf der anderen Seite bekomme mehr Lob, als die Kollegen. Zum Beispiel sagen viele Männer: „Eigentlich mag ich es nicht, wenn Frauen singen, aber bei dir war es cool“. Das ist für mich nur bedingt ein Kompliment. Alles ist Geschmackssache, aber wieso vergleicht man Frauen immer mit anderen Frauen und – wenn es denn sein muss – nicht mit der Gesamtheit der anwesenden Musizierenden?

Was ist die sexistischste Erfahrung, die du bei einem Konzert erlebt hast?

KW: Da fällt mir sofort etwas ein: Ich hatte ein Konzert, bei dem mehrere Bands gespielt haben. In einer davon gab es ebenfalls eine Sängerin. Nach dem Auftritt kam der Veranstalter auf uns zu und überreichte uns eine riesengroße Tüte voller Schmink-Restposten. Schminke, die sonst keiner haben wollte, türkise und lila Lippenstifte und sowas. Seine Worte: „Hier für euch, damit ihr auch was vom Abend habt“. Ich habe mich in dem Moment gefragt, wie sehr man uns beleidigen kann.

Denkst du, Veranstalter sind bemüht, Line-Ups divers zu gestalten?

Im lokalen Rahmen auf jeden Fall. Beim Red Balloon Festival bestand das Line-Up zu einem Drittel aus Bands mit Frauen. Bei großen Festivals sieht das anders aus. Rock am Ring hatte in diesem Jahr 70 Bands im Line-Up und in nur acht davon spielte eine Frau.

Müssen mehr solcher Festivals stattfinden, die gezielt darauf ausgerichtet sind, Frauen eine Bühne zu bieten?

Ich habe bei anderen „Frauenveranstaltungen“ erlebt, dass das Publikum ausschließlich weiblich war. Das ist schade, denn Männer sind genauso willkommen. Die kommen aber meist nicht, wenn explizit kommuniziert wird, dass Frauen im Fokus stehen. Es ist ein Dilemma. Ich könnte das Femrock-Festival umbenennen und niemandem sagen, dass nur Bands mit mindestens einer Frau spielen dürfen. Dann würden mehr Leute kommen. Das wäre der einfachste Weg, Frauen eine Bühne zu bieten. Das werde ich aber nicht tun, denn mir ist es wichtig, das Thema „Sexismus und Unterrepräsentation von Frauen in der Musikszene“ an die Oberfläche zu holen und darauf aufmerksam zu machen. 

Femrock
11.03.2023
Treffpunkt Altstadt Dorsten
Veranstalter: Stadt Dorsten (Kim Wiesweg), Christian Joswig

Info
Stadt Dorsten

Halterner Straße 5
46284 Dorsten

02362 66 0
www.dorsten.de

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