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Utopie möglich machen
Foto: Hans-Jürgen-Landes

Utopie möglich machen

Lesedauer: ca. 2 Min. | Text: Stefan Prott

Intendant Olaf Kröck erklärt im Interview, warum die Ruhrfestspiele im Jubiläumsjahr auf jeden Fall stattfinden.

Bei aller Unsicherheit hoffen viele Menschen, dass sie im Mai und Juni endlich wieder Kultur bei den Ruhrfestspielen erleben können. Welche Szenarien haben Sie im Blick?

Olaf Kröck: Wir haben uns von der Prämisse frei gemacht, dass die Ruhrfestspiele als Theaterfestival nur live funktionieren können. Wir planen also auch das Szenario, dass wir komplett digital stattfinden. Das ist nicht, was wir wollen. Aber wenn es so kommt, dann werden wir das nicht als Mangel, sondern als einen lustvollen Vorgang gestalten, der Spaß macht. Auf der anderen Seite steht das Szenario, dass wir vollumfänglich live stattfinden. Dazwischen sind alle Hybride denkbar.

Was ist überhaupt live möglich?

Es gibt noch keine Vorgaben für Theater, aber wir antizipieren das – damit wir gegebenenfalls später live einsteigen können. Das bedeutet natürlich, dass wir durch die Abstandsregeln weniger Karten anbieten können. Aber wir haben auch um eine Woche verlängert und neue Spielstätten dazugenommen. Im Stadion Hohehorst gibt es zum Beispiel viele überdachte Plätze, sodass wir hier ab Juni das musikalische Programm präsentieren. Deshalb haben wir zumindest Hoffnung, diesen Teil auf jeden Fall live durchführen zu können.

Wie funktioniert das Festival im Netz?

Wir gründen im Augenblick ein digitales Ruhrfestspielhaus, in dem wir Streams zeigen werden - mit ganz verschiedenen Möglichkeiten: On demand individuell abrufbar, aber auch zu einer bestimmten Uhrzeit live aus dem Ruhrfestspielhaus. Diese Live-Ereignisse sind wichtig, damit wir die Spannung über den langen Zeitraum halten.

Sodass ich mir den Theaterabend mit Freunden selbst organisieren kann?

Ja: Man verabredet sich, sitzt vielleicht mit einem Glas Sekt oder Wein auf dem eigenen Balkon oder schaut im Garten über den Beamer.

Kinder und Jugendliche leiden besonders unter dem Lockdown. Was können Sie ihnen bieten?

Für Kinder und Jugendliche haben wir ein ausgeklügeltes Workshop-Programm: Viel größer, spezifischer und bis in die Sommerferien hinein. So schaffen wir ein Angebot, das neben dem Zuschauen auch Mitmachen ermöglicht.

Was braucht Kultur, damit sie gegenüber dem profanen Alltag in der Pandemie nicht aus dem Blick gerät?

Am Anfang der Pandemie ging es verständlicherweise zuerst um medizinische Sicherheit und wirtschaftliche Existenzen. Mittlerweile fehlt mir die Debatte: Welche Gesellschaft wollen wir eigentlich wieder eröffnen? Warum steht wieder der Konsum an erster Stelle? Ist es nicht genauso wichtig, die Kultureinrichtungen zu öffnen – weil sie einen anderen Blick auf
Welt ermöglichen? Wir schaffen ästhetische Erfahrungen, sind ein Ort für gelebte Demokratie.

Wenn Sie zum Jubiläum reflektieren: Was gehört zur DNA der Ruhrfestspiele?

Neben dem Gründungsmythos ist das dieses ganz besondere Publikum, das zunächst nicht im bürgerlichen Kulturbegriff zu Hause ist. Bei den Ruhrfestspielen ging es immer um die Begegnung eines zeitgenössischen Kunstvorgangs mit einem Publikum, das nicht vorrangig Erfahrungen mit Kunst hat. Das führt zu einer Spannung, die ich unglaublich wichtig finde: Impulse zu präsentieren, die zeitgenössisch absolut State of the Art sind – an einem Ort und für ein Publikum, das aus einer anderen Perspektive kommt und Neugierde mitbringt. Mein liebster Ruhrgebietssatz heißt deshalb: „Dat is ja mal wat Neues.“

Info
Ruhrfestspiele

Otto-Burrmeister-Allee 1
45657 Recklinghausen

info@ruhrfestspiele.de
02361 9180
https://www.ruhrfestspiele.de/

Alle Produktionen der Ruhrfestspiele finden Sie im Spielplan. Weitere Informationen zum Programm, den beteiligten Künstlerinnen und Künstler und ihren Produktionen finden Sie zudem im Programmbuch und unter www.ruhrfestspiele.de

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